Gemeindegeschichte

Ein Bericht von Rodney Kidd
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1973-1974 war ich als Dolmetscher einer amerikanischen Militäreinheit in Deutschland stationiert. Durch den Kontakt mit vielen Deutschen in jener Zeit wurde mir klar,dass die meisten Leute, mit denen ich redete, keine Christen waren. Der Herr arbeitete während der nächsten 10 Jahre im Leben von meiner Frau und mir, um uns für eine zukünftige Gemeindegründungsarbeit in Mannheim vorzubereiten. Dazu gehörte unter anderem mein Theologiestudium und eine Gemeindegründungsarbeit in den USA, in der ich sehr viel lernen durfte. In all diesen Jahren hat mich der Herr Deutschland nicht vergessen lassen.

1984 haben wir schließlich die USA verlassen, um nach Mannheim zu kommen. Wir kannten niemand in dieser Gegend, aber wir haben für Schlüsselleute gebetet – Leute, die vom Herzen dabei sein würden und die auch fähig wären, andere zur Gemeinde zu führen. Genau diese Leute hat der Herr uns auch geschenkt. Im Januar 1985 begannen wir die Gemeindearbeit mit einem Hauskreis bei uns in der eigenen Wohnung.

geschichte_kidds_skaliertGegen Ende dieses Jahres besuchte ich die KfG Herbstkonferenz, in der Richard Haverkamp der Hauptredner war. Er ermutigte uns, Hauskreise wo immer möglich in den Wohnungen von den Deutschen zu beginnen und nicht in der eigenen Wohnung (damals waren sehr viele amerikanische Missionare bei den KfG Konferenzen). Ich nahm mir dies zu Herzen und fragte im folgenden Jahr unsere beiden Frauen, die den Hauskreis bei uns besuchten, ob sie sich vorstellen könnten, Gastgeberinnen eines Hauskreises zu werden und ihre Nachbarn und Freunde dazu einzuladen. Mittlerweile hatten wir auch Gottesdienste am Sonntagmorgen bei uns im Wohnzimmer begonnen (Januar 1986). Beide Frauen sagten zu und luden ihre Freunde, Verwandte und Nachbarn ein. In kürzester Zeit hatte sich unsere Teilnehmerzahl mehr als verdoppelt und viele, die an diesen Hauskreisen teilgenommen hatten, gewannen den Mut, auch unsere Gottesdienste am Sonntag zu besuchen.

geschichte_freundestag_skaliertEinige Leute kamen zum Glauben und wir durften unsere erste Taufe im August 1986 durchführen. Wir haben besondere Tage geplant („Freundestage“ und dergleichen), oft mit einem gemeinsamen Essen nach dem Gottesdienst, an denen unsere Geschwister ihre Freunde und Bekannten einladen konnten. Dadurch brachten Freunde ihre Freunde zum Herrn Jesus und es gab oft 55-65 Leute in unserem Wohnzimmer für die Gottesdienste. Wir machten auch recht viele Hausbesuche in den ersten Jahren, um erstmalige Besucher aufzusuchen und tiefergehende Gespräch zu ermöglichen und um diese Leute zu betreuen und zu ermutigen, weiterhin zur Gemeinde zu kommen.

Es war solch eine Freude, sonntags die Menschen zu sehen, die zum Gottesdienst in unser Haus kamen. Die Nachbarn haben wohl ein Auge zugedrückt, weil wir manchmal doch recht laut waren und es wegen der Gemeindearbeit viel Verkehr auf der Straße vor unserem Haus gab. Niemand hat sich in dieser Zeit beschwert. Fast jedes Zimmer unseres Hauses, das wir gezielt für diese Zwecke mieteten, wurde für irgendetwas Sonntagmorgens genutzt. Unsere Kinder hatten alle ihre Aufgaben zu erledigen, um alles für den Gottesdienst und die Kinderstunden vorzubereiten. Es war keine einfache, aber doch eine sehr gesegnete Zeit, auf die wir sehr gerne zurückschauen.

geschichte_neckarauAls es in unserem Wohnzimmer langsam zu eng wurde, suchten wir Räumlichkeiten mit mehr Platz. Wir hatten ein bisschen Geld angesammelt, damit wir die Kosten der neuen Räume tragen konnten und fanden geeignete Räume in einem Geschäftshaus in Mannheim-Neckaraul, wo sich auch unsere Wohnung befand. Diese mietete die Gemeinde im November 1988.

Nun hatten wir Platz für ca. 100 Leute im Gemeindesaal und der Herr gab uns weiterhin Wachstum nach innen und nach außen. Wir zielten darauf, eine biblische Struktur für die Gemeinde zu legen und durften 2 Brüder als zusätzliche Älteste für die Gemeinde einsetzen. Durch eine in Neulußheim (ca. 20 Minuten südlich von Mannheim) wohnende Familie aus unserer Gemeinde erhielten wir 1992 die Anregung, dort eine „Tochtergemeinde“ zu gründen. Im März 1993 begann die Gemeidearbeit durch die Aussendung eines Teams von der „Muttergemeinde“ in Mannheim. Die besagte Familie hatte viele Kontakte zu anderen Familien in Neulußheim durch die Gründung eines christlichen Kindergartens vor Ort und suchte nach Möglichkeiten, diese jungen Familien weiterhin zu begleiten. Dies kann man selbstverständlich am besten durch eine Ortsgemeinde tun.

Nach der Aussendung des Teams für die Tochtergemeinde in Neulußheim erlebte die Gemeinde in Mannheim einige schwere Monate. Es war nicht nur der Verlust von Freunden und Geschwistern, sondern die Finanzen der Gemeinde wurden natürlich ebenfalls geschwächt, wichtige Dienste wurden aufgrund des Weggangs von Geschwistern nicht mehr erfüllt. Diese Schwierigkeiten brachten aber auch neue Herausforderungen und Möglichkeiten mit sich. Der Herr segnete weiterhin und wir bekamen langsam wieder Platzmangel in den gemieteten Räumen. Also fingen wir an, ab Herbst erneut nach größeren Räumlichkeiten zu suchen. Wir erfuhren jedoch zu unserer Entmutigung immer wieder, dass die Mietpreise für unsere Verhältnisse viel zu hoch waren. Nach Monaten der Suche führte uns der Herr zu einem Grundstück in einem Stadtteil von Mannheim, der unseren gemieteten Räumen ziemlich nahe war. Die sehr gute Verbindung an öffentliche Verkehrsmittel und die finanziellle Erschwinglichkeit machten das Objekt für uns sehr attraktiv.

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So kauften wir schließlich das Grundstück im Mannheimer Stadtteil Neuostheim und bauten ein Gemeindehaus mit 500 qm. Heiligabend 1999 durften wir mit großer Dankbarkeit den ersten Gottesdienst im neuen Gebäude feiern.

Sehr früh in der Gründungsphase haben wir damit begonnen, Missionare zu unterstützen, weil wir die Überzeugung haben, dass die Gemeinde Jesu einen Blick für die ganze Welt haben sollte und dass der Herr eine Gemeinde mit diesem Blick segnet. Wir arbeiteten auch sehr lange an einem sehr detaillierten Glaubensbekenntnis für die Gemeinde, um eine klare Richtlinie in Bezug auf unsere Lehrmeinungen festzulegen. In einer Zeit der geistlichen Verwirrung war uns dies sehr wichtig. Dieser ernorme Aufwand am Anfang ersparte uns jedoch später eine Menge Arbeit in Gesprächen mit Christen anderer Prägung, die eine Gemeindephilosophie suchten, die wir nicht vertreten konnten. Dadurch wurde schnell klar, dass wir solchen kein Zuhause bieten konnten und so gingen sie weiter. Wir haben ohnehin nie sehr viele Geschwister durch Gemeindewechsel bekommen. Für die meisten unserer Mitglieder waren wir ihre erste Gemeinde und diese Tatsache gab der Gemeinde einen besonderen Charakter bezüglich einer gegenseitigen Liebe und Hingabe zum Herrn. Wie Fred in seiner „Murmeltiergeschichte“ erzählt, versuchen wir wirklich Wärme und Speise weiterzugeben, damit neue Gäste sich bei uns wohlfühlen und die Stimme des Herrn hören können.

Als Gemeinde sehen wir unseren Schwerpunkt besonders in der Arbeit mit Familien und jungen Erwachsenen. Deswegen legen wir viel Wert auf Kinder- und Jugendarbeit. Das liegt zum einen an der Mitgliederstruktur der Gemeinde, die vorwiegend aus jungen Familien besteht, und zum anderen sehen wir aber auch vor dem Hintergrund der Not in unserer Gesellschaft einen Schwerpunkt unserer Arbeit als Gemeinde in der Stärkung der Familien. Für diese Zielgruppe bieten wir unser Sonntagsschulprogramm für Kinder von 2-13 Jahren, eine Jungschargruppe und Jugendgruppe, unser jährlich stattfindende Kinderbibelwoche und fast jährlich stattfindende Eheseminare an. Unser Ziel ist es, den Mitgliedern unserer Gemeinde dabei zu helfen, Familien auf der Basis von Gottes Wort und zu Seiner Ehre zu gründen.

Der Herr machte uns auch auf eine andere Gruppe von Menschen vor unserer Haustüre aufmerksam – den Studenten. Mannheim verfügt als große Universitätsstadt über eine sehr ausgeprägte Studentenkultur. Die Studenten in Mannheim bekommen alles geboten außer einer biblisch fundierten christlichen Weltsicht. Und genau das machte uns der Herr wichtig. Seit Beginn des Sommersemesters 2001 bieten wir deshalb einen Gottesdienst für Studenten und junge Erwachsene an, der genau diesen Mangel beseitigen soll. Wir möchten damit den Studenten aus unserer Gemeinde eine Möglichkeit bieten, ihre Freunde zu einem speziell auf sie zugeschnittenen Gottesdienst einzuladen, wo zum einen eine klare biblische Botschaft gepredigt wird und zum anderen ein Forum zur Diskussion über den christlichen Glauben angeboten wird. Hier ist unser Ziel, diese jungen Menschen ein Stück auf ihrem Weg zu begleiten und sie im Sinne unseres Herrn zu prägen, dass sie Seine Botschaft und Liebe an die Orte weitertragen können, wo Er sie nach dem Studium hinführt.

Wir schauen zurück auf Gottes treue Führung mit großem Staunen. Wir möchten wirklich ein Ort der Ermutigung, der Liebe und der Verkündigung der Wahrheit Gottes sein. Wir sind keine vollkommene Gemeinde und haben viele Schwächen und Mankos; aber wir danken dem Herrn für Seine Gnade und für Seinen Sohn, Jesus Christus, den wir in unserer Stadt groß und bekannt machen wollen. „Ihm sei die Herrlichkeit in der Gemeinde und in Christus Jesus auf alle Geschlechter hin in alle Ewigkeit!“ (Eph. 3,21)